Der Senegal ist nicht nur für seine politischen Stabilität und kulturelle Vielfalt bekannt, sondern auch für seine reichen Bodenschätze – allen voran Gold. Insbesondere im Südosten des Landes, in der Region Kédougou, hat sich in den letzten Jahren der Kleinbergbau (Artisanal and Small-Scale Gold Mining, ASGM) rasant ausgebreitet. Dieser Sektor bietet vielen Menschen eine wirtschaftliche Perspektive – doch der Preis dafür ist hoch: Der weit verbreitete Einsatz von Quecksilber bedroht Mensch und Umwelt gleichermaßen.
Goldabbau im Senegal: Hoffnung auf ein besseres Leben
Goldvorkommen im Senegal befinden sich hauptsächlich im sogenannten Birrimian-Gürtel, einer geologischen Formation, die sich über weite Teile Westafrikas erstreckt. In der Region Kédougou haben sich Tausende Kleinschürfer niedergelassen. Viele von ihnen stammen aus armen ländlichen Gebieten oder sind Migranten aus den Nachbarländern Mali, Guinea und Burkina Faso.
Der informelle Goldbergbau erfolgt in kleinen, oft gefährlichen Gruben. Die Arbeiter nutzen einfache Werkzeuge – Schaufeln, Hacken, Schubkarren – um goldhaltiges Gestein abzubauen. Der Reiz liegt in der Möglichkeit, mit etwas Glück schnell Geld zu verdienen. In einer Region, in der es an Arbeitsplätzen und wirtschaftlicher Infrastruktur fehlt, ist der Goldabbau für viele die einzige Einkommensquelle.
Der Einsatz von Quecksilber: Eine unsichtbare Gefahr
Um das Gold aus dem Erz zu lösen, greifen die meisten Minenarbeiter auf eine einfache, aber höchst gefährliche Methode zurück: die Amalgamierung mit Quecksilber. Dabei wird das Quecksilber dem zermahlenen Erz beigefügt, wodurch es das Gold bindet. Dieses Amalgam wird anschließend erhitzt, wobei das Quecksilber verdampft – das Gold bleibt zurück.
Was nach einer simplen Technik klingt, hat jedoch gravierende Folgen. Der Quecksilberdampf ist hochgiftig und wird in der Regel ohne Schutzmaßnahmen eingeatmet. Die gesundheitlichen Folgen reichen von Kopfschmerzen und Atemwegserkrankungen bis hin zu dauerhaften neurologischen Schäden. Besonders gefährlich ist dies für Kinder, die häufig in den Minen mitarbeiten, sowie für schwangere Frauen.
Auch die Umwelt leidet massiv. Überschüssiges Quecksilber gelangt in Flüsse, Böden und das Grundwasser. Es reichert sich in der Nahrungskette an, insbesondere in Fischen, die eine wichtige Proteinquelle für viele Menschen in der Region darstellen. Die Folge: eine schleichende Vergiftung ganzer Ökosysteme.
Internationale Bemühungen und lokale Herausforderungen
Senegal hat die Minamata-Konvention über Quecksilber unterzeichnet – ein internationales Abkommen zur Reduktion von Quecksilberemissionen. Ziel ist es, Alternativen zur Amalgamierung zu fördern und den Einsatz des giftigen Metalls zu reduzieren.
Doch in der Praxis ist die Umsetzung schwierig. Der Großteil des Goldabbaus findet informell statt, außerhalb staatlicher Kontrolle. Die Behörden verfügen oft nicht über die nötigen Mittel, um den Einsatz von Quecksilber effektiv zu regulieren oder Alternativen zu fördern. Zwar gibt es Initiativen von NGOs und internationalen Organisationen, die auf Aufklärung, Schulung und Quecksilber-freie Techniken setzen – doch diese erreichen bislang nur einen kleinen Teil der Minenarbeiter.
Zwischen Überleben und Umweltzerstörung
Der Goldbergbau im Senegal steht exemplarisch für das Dilemma vieler rohstoffreicher Entwicklungsländer: Bodenschätze bieten ökonomische Chancen, doch ohne nachhaltige Regulierung drohen massive ökologische und gesundheitliche Schäden.
Für eine bessere Zukunft ist ein integrierter Ansatz notwendig: Aufklärung über die Gefahren von Quecksilber, Förderung sicherer und umweltfreundlicher Techniken sowie die schrittweise Formalisierung des Kleinbergbaus. Nur so kann der Reichtum unter der Erde langfristig zum Wohl der Menschen an der Oberfläche beitragen – ohne dass sie dafür ihre Gesundheit und Umwelt aufs Spiel setzen müssen.
Alternativen:
1. Schwerkraftbasierte Konzentrationsverfahren
Schwerkraftmethoden nutzen die höhere Dichte von Gold im Vergleich zu anderen Gesteinsbestandteilen, um es ohne Chemikalien zu trennen.
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Panning (Goldwaschen)
Klassische Handwäsche in einer Schale („Pan“). Funktioniert vor allem bei grobkörnigem, schon befreitem Gold. Sehr kostengünstig, aber arbeitsintensiv und langsam – typischerweise Endstufe nach anderen Konzentrationsschritten US EPA. -
Sluice Box (Rinne)
Eine geneigte Rinne mit Teppich- oder Riffel-Unterlage, durch die Wasser und Sediment fließen. Gute Förderraten bei mittleren Erzen, allerdings folgt meist noch eine Feinwaschung (z. B. Panning) US EPA. -
Shaking Tables, Vortex- und Zentrifugalkonzentratoren
Mechanisierte Anlagen, die höhere Durchsatzraten und bessere Trennung feiner Körner ermöglichen. Allerdings dauerhaft teuer in Anschaffung und Wartung. In Pilotprojekten in Westafrika zeigte sich, dass solche Anlagen mittlere bis hohe Goldrückgewinnungsraten (bis >80 %) erreichen können, wenn Schulung und Wartung gewährleistet sind US EPA.
Fazit: Schwerkraftmethoden sind technisch ausgereift und chemikalienfrei, doch oft zu langsam oder zu personalintensiv, um in stark fragmentierten, informellen Minen im Senegal flächendeckend eingesetzt zu werden.
2. Borax-Methode (Flussmitteltechnik)
Ein in den Philippinen entwickeltes Verfahren, das inzwischen in vielen ASGM-Gemeinden propagiert wird:
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Funktionsweise: Nach Aufbereitung und erste Schwerkraftkonzentration wird dem schweren Konzentrat Borax zugesetzt. Beim Erhitzen senkt Borax den Schmelzpunkt von Gold und anderen Schwermineralien, sodass diese ohne Quecksilber abgeschmolzen werden können Environmental Health PerspectivesSCIRP.
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Effektivität:
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Höhere Goldrückgewinnungsraten (bis zu 90 %) im Vergleich zur Quecksilber-Amalgamierung, da Borax mehr feinverteiltes Gold bindet.
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Geringere Kosten, da Borax weit billiger und weniger toxisch ist als Quecksilber DOAJResearchGate.
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Regionale Anwendung:
Pilotautoren berichten von ersten Demonstrationen in der Region Kédougou, doch bis dato wurden nur sehr wenige quecksilberfreie Borax-Verarbeitungsstationen gebaut – eine einzige bleibt aufgrund logistischer Hürden und fehlender Instandhaltung weitgehend ungenutzt AP News.
3. Retorten und Rückgewinnungssysteme
Obwohl nicht absolut quecksilberfrei, reduzieren Retorten das in die Atmosphäre abgegebene Quecksilber erheblich:
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Einfache Retorten: Fangbehälter, die Quecksilberdampf kondensieren.
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Multicapture-Systeme: Kombinieren Zufuhr von Kühlwasser und Filtermaterialien; können bis zu 90 % des Quecksilbers zurückgewinnen.
In Modellen zur Bewertung verschiedener Abbaumethoden schnitten Retorten allerdings nur mäßig ab (7 % aller Einsätze vs. 72 % Borax-Methoden) – da sie weiterhin mit Quecksilber arbeiten und Wartungsprobleme bei informellen Minen auftreten können mercurioaltocauca.com.
4. Chemisches Auslaugen (Leaching)
Hauptsächlich in industriellen Anlagen verbreitet, gewinnt es in der Kleinbergbauszene an Bedeutung:
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Cyanid-Laugung: Sehr hohe Ausbeuten (>95 %), erfordert aber strikte Handhabung und Reststoffmanagement, um Umweltschäden zu vermeiden.
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Alternative Reagenzien (Thiosulfat, Halogenide): Erste Forschungsergebnisse versprechen geringere Umweltbelastung als Cyanid, sind aber teurer und noch nicht marktreif für den Senegal.
Im Senegal sind entsprechende Anlagen bislang kaum vorhanden – Investitions- und Know-how-Hürden verhindern die breite Anwendung.
5. Ausbildung, Sensibilisierung und Formalisierung
Lokale Studien zeigen, dass reine Technik-Einführungen nicht ausreichen. Erfolgreiche Programme kombinieren:
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Technik-Workshops (z. B. Borax-Demonstrationen, Retortenbau).
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Miner-to-Miner-Schulungen, welche die ökonomischen Vorteile (höhere Ausbeute, geringere Kosten) betonen ResearchGate.
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Formalisierung: Legale Genehmigungen, die Zugang zu finanziellen Mitteln und technischem Support eröffnen.
Eine Pilotstudie in Kédougou zeigte, dass solche integrierten Ansätze den Quecksilbergebrauch um bis zu 40 % senken können – die Skalierung bleibt jedoch wegen bürokratischer und finanzieller Barrieren eingeschränkt ScienceDirect.
6. Zusammenfassung und Ausblick
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Schwerkraftmethoden sind sicher und bewährt, benötigen aber oft große Ressourcen oder Zeit.
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Borax-Methode stellt aktuell die vielversprechendste quecksilberfreie Alternative dar, scheitert aber im Senegal an Logistik, Schulung und Instandhaltung.
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Retorten können Emissionen verringern, lösen das Quecksilberproblem aber nicht vollständig.
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Leaching-Verfahren bieten hohe Ausbeuten, sind jedoch industriell und kostenintensiv.
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Bildungs- und Formalisierungsprogramme sind der Schlüssel, um Technik und Best Practices nachhaltig zu verankern.
Für eine tatsächliche Abkehr vom Quecksilberabbau im Senegal bedarf es eines koordinierten, mehrgleisigen Ansatzes: technische Innovationen, flächendeckende Schulung, Zugang zu Fördermitteln und eine Stärkung staatlicher Kontrollen und Unterstützung.
Quellen:
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US EPA: Artisanal and Small-Scale Gold Mining Without Mercury US EPA
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Associated Press: Mercury fuels gold mining in Senegal… AP News
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Appel & Na-Oy: The Borax Method of Gold Extraction Environmental Health PerspectivesSCIRP
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Morgan et al.: Emerging mercury mitigation solutions… mercurioaltocauca.com
Henriqueta Inacio Da Silva