Bassirou Diomaye Fayewurde vor rund einem Jahr zum neuen Präsidenten von Senegal gewählt

Ohne Putsch, ohne Gewalt, dass Bassirou Diomaye Faye vor rund einem Jahr zum neuen Präsidenten von Senegal gewählt wurde, gehört zu den erstaunlichsten Wahlergebnissen auf dem afrikanischen Kontinent. Gerade einmal 44 Jahre alt, wurde der frühere Steuerinspektor erst Tage vor der Wahl aus dem Gefängnis entlassen. Dort hatte er wegen des Vorwurfs der Verleumdung und Richterbeleidigung rund ein Jahr lang eingesessen. Sein Vorgänger Macky Sall hatte sich zudem fast ein Jahr lang geziert, sich nicht erneut zur Wahl zu stellen. Dies untersagt zudem die Verfassung des Senegal.

Obwohl er bis dahin politisch kaum bekannt war, konnte sich Faye in der Präsidentenwahl im ersten Wahlgang durchsetzen – ein Novum in der Geschichte des westafrikanischen Küstenstaats. Und es ist umso bemerkenswerter, als der politische Außenseiter gegen den ehemaligen Premierminister Amadou Ba antrat, der für die Partei des scheidenden Präsidenten Macky Sall kandidierte. Fayes Sieg wurde denn auch als Sieg für die senegalesische Demokratie gewertet, auf die die Bevölkerung der früheren französischen Vorzeigekolonie stolz ist.

Das knapp 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner zählende Land gilt als eine der stabilsten Demokratien Afrikas und die Wahl hat auch zu einer merklichen Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung geführt. Auch das Gefühl der Sicherheit ist besser geworden und sauberer ist es in der Hauptstadt Dakar auch geworden.

Faye versprach vor der Wahl, Senegal von der früheren Kolonialmacht Frankreich unabhängiger zu machen, die aus der Kolonialzeit stammende westafrikanische Währung CFA-Francs abzuschaffen, internationale Rohstoffverträge neu zu verhandeln, die politischen Institutionen Senegals zu reformieren und massiv gegen die verbreitete Korruption vorzugehen. Frankreichs Armee ist zwischenzeitlich abgezogen, die anderen Versprechen dauern sicher etwas länger, wobei abzuwarten ist, ob sie überhaupt sinnvoll sind. Die Währung ist z. B. fest an den Euro gebunden und steht für einen finanzielle Stabilität, auch wenn die Lebenshaltungskosten im Senegal im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern sehr hoch sind. Rohstoffverträge lassen sich sicherlich neu verhandeln, allerdings verfügt der Senegal gar nicht über nennenswerte Rohstoffe um die sich die Welt streitet. Korruption ist verbreitet, aber allseits anerkannt und vor allem europäische und auch deutsche Organisationen sind nicht frei von Korruption.

Anders als in den drei Länder Mali, Burkina Faso und Niger, in denen zivile Regierungen von Militärregierungen abgelöst, geht der Machtwechsel und die damit verbundenen Veränderungen im Senegal demokratisch vonstatten. In allen drei Ländern folgten der Bruch mit Frankreich, ein angespanntes Verhältnis zu anderen westlichen Ländern und die enge Kooperation mit Russland.

Faye hat den Bruch mit dem Westen vermieden und trotzdem klargemacht, dass neokoloniale Strukturen auch in Senegal keine Zukunft haben. Senegal sucht eine zeitgemäße Reform des Verhältnisses zu Frankreich. Nach dem Abzug der französischen Truppen heißt es, die beiden Länder hätten die Absicht, eine neue strategische Partnerschaft für Verteidigungs- und Sicherheitsfragen auszuarbeiten.

Einen eigenen Weg sucht Faye auch im Umgang mit den westafrikanischen Nachbarn. Senegal ist das Schwergewicht im westafrikanischen Wirtschaftsbündnis Ecowas. Mali, Burkina Faso und Niger haben ihren Austritt erklärt, die Ecowas will sie halten und hat ihnen eine Frist bis Mitte des Jahres eingeräumt, in der sie ihre Entscheidung revidieren können. Faye hatte zuvor vergeblich zwischen der Ecowas und den drei Austrittskandidaten zu vermitteln versucht.

Die Bilanz der Senegalesinnen und Senegalesen fällt ein Jahr nach der historischen Wahl gemischt aus, ihr Fokus liegt auf der wirtschaftlichen Entwicklung. Immerhin ist es Fayes Regierung gelungen, die Preise für Grundnahrungsmittel wie Brot, Öl und Zucker zu senken und zu stabilisieren. Es muss aber viel mehr im Senegal produziert werden statt alles einzuführen. Das Außenhandelsdefizit macht das regieren nicht leichter. Die Arbeitslosigkeit ist immer noch sehr hoch. In Dakar fällt zudem auf, wie viele Menschen keine Wohnung haben. Auch das Sozialsystem ist immer noch schwach ausgeprägt. Immer noch sterben Menschen auf der Straße, weil sie sich keine ärztliche Behandlung leisten können.

Joachim Abel

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